Transkript einer Vorlesung abgehalten von O5-██ über die Möglichkeiten von Folter


  • Stellen Sie sich vor, Sie wären ein mutiger Mann, ich weiß, für manch Feigling hier ist dies bereits eine schwierige Vorstellung, wie dem auch sei, Sie sind ein couragierter Mann in Venezuela.

    Sie kritisieren die Regierung über mehrere Monate und Jahre. Sämtliche Malträtierungen lassen Sie über sich ergehen.

    Bis eines Tages die Polizei anklopft. Sie werden wegen eines Mordes angeklagt, welchen Sie nicht begangen haben. Offensichtlich fingiert.


    Und schwupps, von Ihnen ist keine Kritik mehr zu erwarten. Und damit der einfache Populus denkt, dass alles fair und gerecht wäre, braucht man nur noch Ihr Geständnis.

    Viele Monate haben die stupiden Folterknechte ihren Spaß mit Ihnen. Doch da es sich bei Ihnen schließlich um einen harten Hund handelt, geben Sie nicht auf.

    Das unbeugsame Herz eines Löwen schlägt in Ihrer knochigen, von Schlägen und Frakturen gezeichneten Brust.

    Hier nun das Problem; der Oberboss ist nicht so dumm wie die Untergebenen und die Zeit drängt, bald würden Sie nämlich wieder raus kommen.


    Sie werden in eine Zelle gebracht. Vollkommen weiß. Die Wände sind weiß, der Boden ist weiß, die Decke, das Bett, die andere Decke - die zum zudecken - weiß.

    Schließlich bekommen Sie Ihr Essen - schließlich kann eine verhungerte Leiche nur eher ungut ein rechtskräftiges Geständnis abgeben. Und auch hier erhalten sie natürlich nur weißen Reis, mit weißer Soße auf einem weißen Teller.

    Während Sie unter Ihrem weißen, dröhnenden Licht versuchen zu schlafen, kommt bereits die nächste Ladung Nahrung. Manchmal erfolgt dies nach 30 Minuten, manchmal nach 20 Stunden - Sie sollen Ihr Zeitgefühl verlieren.

    Sensorischer Sinnesentzug lautet das Stichwort. Nichts ist grausamer als Langeweile. Diese Langeweile, so schrecklich, dass sie nicht ein mal mehr durch Farben beglückt werden können.

    Viele Insassen versuchen in diesen Zellen aus unendlichem Weiß Selbstmord zu begehen. Und Sie? Geben den Mord, nach Gott weiß wie Lange, zu. Die Exekution folgt.


    Und damit begrüße ich Sie zu diesem - was denn eigentlich, Kurs, Lehrstunde, Fortbildung? - egal. Ich bringe Ihnen auf jeden Fall das Foltern bei.

    Wer ich bin? Irrelevant, sehen werden Sie mich nach dieser Unterrichtseinheit hoffentlich nie wieder. Und wenn doch, sollten Sie nur darauf hoffen, dass ich das heute beigebracht bis dahin vergessen habe - wer weiß, vielleicht hat bis dahin Alzheimer geschafft, was unzählige Geheimdienste und anormale Attentäter nicht vollbringen konnten.


    "Ich bin für Folter. Und das Volk ist auch dafür" dieses Zitat, vom aktuellen brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro behalten Sie bitte während dieser Vorlesung im Hinterkopf. Denn eine Sache möchte ich klarstellen;

    Folter ist keine Kunst. Kein Glück und niemals Gut. "There is no decent place to stand in a massacre", dieses Zitat vom Autor Leonard Cohen veranschaulicht dies ganz gut. Sie sollten niemals für Folter sein.

    Doch manchmal sind Situationen, entschuldigen Sie bitte die Vulgarität, so gefickt, dass es keinen Ausweg gibt, der weniger destruktiv, zersetzend wäre als Folter.

    Lange genug haben wir jetzt allerdings über die Ethik des Folterns herumphilosophiert, kommen wir nun zum Fleisch der eigentliche Sache; wie Foltern Sie möglichst effektiv?


    Das mit Abstand wichtigste ist dabei die Gewinnung an Informationen vor der Folter. Ja, vor der Folter.

    Dies bestimmt nämlich, wie sie vorgehen werden:

    1. Training;

    Sie müssen wissen, mit wem Sie es zu tun haben. Sollten Sie nämlich einen Agenten einer anderen Organisation vor sich haben, werden simple Drohungen oder Schläge Sie nicht weit bringen.

    Haben Sie allerdings einen Familienvater vor sich, haben Sie bereits ein Druckmittel - eben die Familie - und können somit deutlich "sanfter" sein.

    2. Risiko;

    Wie hoch ist das Risiko für den Gefolterten. Wie im oben genannten Exempel, werden Sie sehr viel aufbieten müssen, damit eine Person durch die Folter etwas zugibt, was zum eigenen Tod führen wird.

    Sollten Sie allerdings nur herausfinden wollen, wo das Glas mit Keksen versteckt wurde, genügen auch hier "weichere" Mittel.

    3. Zeit;

    Ein schlichter Punkt; wie viel Zeit haben Sie? Sollten Sie Monate haben, so können Sie deutlich mehr mit psychologischer Folter arbeiten, eben zum Beispiel mit sensorischem Sinnesentzug.

    Haben Sie nur Stunden oder gar Minuten? Dann wird Ihnen nur Brutalität helfen.

    4. Ressourcen;

    Befinden Sie sich in einem Standort oder Außerhalb, haben Sie viel bei sich, oder nur ein Messer? Dies wird ganz massiv bestimmen, wie Sie vorzugehen haben.

    5. Physische Kondition;

    Haben Sie es mit einem fitten Soldaten, einen kränklichen Mann oder einem unsterblichen Regenerator zu tun? Dies wird Ihren Grad an Grobheit bestimmen.

    6. Psychische Kondition;

    Auch einfach. Sollten Sie einen "harten Hund" vor sich haben, müssen Sie noch härter sein.

    Möchte die Person jedoch eigentlich sowieso kooperieren, dann seien Sie der Freund, den sie nie hatte.


    Bevor wir zu der Praxis kommen, das vermutlich wichtigste Prinzip; seien Sie ehrlich und zuverlässig. Sollten Sie nämlich lügen und boshaft wirken, ist der Gefolterte nämlich dazu geneigt Ihnen nicht zu geben was Sie wollen. Da er eben davon ausgehen wird, dass Sie Ihren Teil der Abmachung nicht einhalten. Ob Sie die Abmachung hinterher einhalten ist irrelevant. Während der Folter jedoch müssen Sie jeder Ankündigung Taten folgen lassen, jedes Versprechen einhalten.


    Das sind nun sehr schöne Parameter, doch was ziehen Sie daraus ganz praktisch? Simpel, seien Sie ingeniös und noch viel wichtiger: Vielseitigkeit.

    Körperliche Verletzungen sind meist nur oberflächlich effektiv. Deshalb eine einfache und leicht umzusetzende Faustregel; sollte eine Person nicht bereits nach dem Ziehen eines Fingernagels reden, ist physische Folter in der Form wertlos. Deshalb, bei Zweifel einen Fingernagel ziehen. Der Schmerz ist groß, der Schaden minimal. Hält der Gefolterte es ohne Probleme aus, kommen Sie mit physischer Folter nicht weiter.

    Wo können Sie nun weiter gehen? Ganz einfach, nehmen Sie Drogen. Wahrheitsserum oder allgemein psychotrope Substanzen - manche erhöhen nämlich das Schmerzempfinden - und ein Bad-Trip ist auch nicht witzig.

    Doch selbst darauf sind manche Einheiten geschult oder eventuell haben Sie es schlicht mit einer Anomalie zu tun, welche dagegen Immun ist.

    Nun können Sie allerdings auch mit dem Zerfall des Körpers arbeiten - dies ist eine hochgradig primitive und effektive Angst. Um nicht zu sehr ins unangenehme, ekelerregende Detail zu gehen: Parasiten, Maden, etc.


    All das hat nicht funktioniert? Dann kommt die Kavallerie. Ich möchte noch ein mal betonen, diese folgenden Methoden sind letzte Mittel. Sie mögen harmlos klingen, doch diese brechen Menschen irreversibel. Immer.

    Entweder können Sie die weiße Folter ("White Torture") anwenden, welche oben beschrieben wurde, ich werde jedoch noch zwei weitere Methoden skizzieren.

    1. "Blackout Box", diese Folter wurde unter Anderem vom CIA angewandt. In eine kleine, völlig dunkle Box, wird ein Mensch gezwängt. Anschließend werden Lautsprecher, welche um die Box herum positioniert wurden, abgespielt. Die Lautsprecher spielen das Schreien von Babys ab - dieses Geräusch ist geradezu in unserer DNS verankert, es sorgt für Stress und Unruhe. In unregelmäßigen Abständen wird auf die Box geschlagen, um das Schlafen vollkommen zu verhindern.

    2. "Im Stehen", eine schlichte jedoch umso grausamere Folter. Unter Anderem angewandt im Stasi-Gefängnis Berlin-Hohenschönhausen. Eine Person wurde in einen Raum gepackte, es wäre passender von Riss in der Wand zu reden, denn der "Raum" war gerade so groß genug, dass man aufrecht darin stehen konnte. Sitzen oder gar liegen war unmöglich. Und die Insassen wurden einfach dort gelassen. Über Nacht, manch mal länger. Allein, stehend für viel Stunden bis hin zu Tagen.


    Was wenn selbst dies nicht funktioniert? Dann haben Sie es nicht mit einem Menschen zu tun. Herzlichen Glückwunsch. Nur noch anormale Foltermethoden sind nun effektiv. Bei diesen gehe ich nun nicht ins Detail, sie werden nur grob umrissen.

    Seelenspalter: Die Seele des Individuums wird buchstäblich langsam gespalten. Die Verwendung an Menschen ist strengstens verboten - dies ist keine Order vom Ethikkomitee, das ist ein ganz persönlicher Befehl von mir.

    Temporale Beschleunigung: Die Anomalie wird in einen Raum gesteckt, in welchem die Zeit beschleunigt wird. Zwar mögen Monate einen Gott in Isolation nicht brechen, Millionen von Jahren jedoch schon eher.

    Besessenheit: Ein Dämon spürt keinen Schmerz. Zwingen Sie diesen jedoch in den Körper eines Menschen, spürt dieser die Pain wie auch ein ganz normaler Homo Sapiens, also gelten wieder die Regeln wie oben.


    Nun denn, das war es dann wohl. Bedauerlicherweise fällt der praktische Teil ins Wasser, dieses Jahr war der Herr Generalsekretär der Moralin-Polizei schneller darin meinem Antrag, ein, zwei D-Klassen zu nutzen, ein Veto auszusprechen, als ich es geschafft habe den Vortrag zu halten - und der Antrag dafür wurde erst 15 Minuten vor dieser Vorlesung fertiggestellt, flott dieser alte Mann.

    Also, essen Sie Donuts. Erst die Hälfte ist weg, der Rest wird rausgeschmissen und trinken Sie noch einen Kaffee.


    Sie haben mich nie gesehen, ansonsten werden Sie... nun ja, gefoltert und ich wünsche noch einen guten Tag.

    Adieu.

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    Ego Sum Via Veritas Et Vita

    Einmal editiert, zuletzt von MeSilas ()

  • Sky

    Hat das Label RP-Story hinzugefügt.
  • Folter egal ob körperlich oder seelisch sollten immer das letzte mittel sein.

    Außerdem muss man bedenken das wenn der Druck auf den gefolterten zu groß wird wird er sagen was auch immer er denkt was der folterer hören möchte. Und zu guter Letzt ein gebrochener Mensch gibt selten mehr Infos von sich.

  • Nun denn, das war es dann wohl. Bedauerlicherweise fällt der praktische Teil ins Wasser, dieses Jahr war der Herr Generalsekretär der Moralin-Polizei schneller darin meinem Antrag, ein, zwei D-Klassen zu nutzen, ein Veto auszusprechen, als ich es geschafft habe den Vortrag zu halten - und der Antrag dafür wurde erst 15 Minuten vor dieser Vorlesung fertiggestellt, flott dieser alte Mann.

    Das Vereiteln ist meine Spezialität!

  • MeSilas Gut geschrieben! Hat Spaß gemacht zu lesen. Lese hin und wieder auch selbst zu derart morbiden Themen (wenn auch eher mit Fokus auf pre-moderne Zeiten), kann daher nur bestätigen das es "in-Universe" sehr authentisch wirkt. Besonders gut fand ich den Teil mit der Ehrlichkeit (bzw. den Schein dieser), die du erwähnt hattest. Die wenigsten Bücher, Filme etc. gehen darauf ein.

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