Die Dreifaltigkeit der wichtigen Ethik

  • Es gibt unzählige Begründungen und Legitimierungen von Moral. Deontologie, teleologische Ethik, die Tugendethik, Konsequenzialismus und viele mehr.

    Und indes müssen diese Begründungen stets einen Selbstzweck finden, dieser kann das Glück, die Freiheit, Gott, der Wille und alles weitere Schöne in der Welt der Ideen sein.

    Dieser Selbstzweck mag zwar argumentativ rechtfertigbar sein, jedoch ist dieser unterm Strich stets willkürlich.


    Doch alles in einem Betracht ist die Frage der Legitimität einer Ethik irrelevant - nicht, weil sie tatsächlich philosophisch bedeutungslos wäre, sondern weil sie nur für kleine Kreise von Personen bedeutend ist.

    Philosophen, (bedeutende) Staatsmänner und ggf. im kleineren Ausmaß Anwender von Handlungsethik - Ärzte, Soldaten, Anwälte etc. pp.

    Doch warum ist die Begründung von Moral nun in erster Line irrelevant? Dies gliedert sich in folgende Punkte auf:

    1. In einer Gesellschaft herrschen die Normen - nicht bei jedem und nicht immer, doch sind sie am bedeutendsten. "Du tötest nicht." "Warum?" "Weil du sonst auf's Maul bekommst." (Gefängnis, Todesstrafe usw.).

    In anderen Worten ist für die überwältigende Mehrheit eines Systems die Begründung der Moral nicht von Bedeutung. Nur die Konsequenzen des Bruchs ist von Bedeutung.

    2. Die Moral könnte eine perfekte Begründung haben, wenn dieses Moralsystem jedoch ultimativ inhärent keinen Machtanspruch beinhält, wird diese unweigerlich aussterben.


    Doch warum muss ein Moralsystem einen Machtanspruch beinhalten?

    Damit eine Ethik, also ein Moralsystem tatsächlich bedeutsam ist, muss sie wichtig sein. Die Kriterien für eine wertvolle, wichtige Ethik sind meiner Auffassung die Folgenden:

    1. Reproduzierbarkeit: Wenn eine Ethik dafür sorgt, dass die Anwender dieser Ethik sich signifikant in ihrer Ausbreitung beschränken, wird diese sich nicht selbst Ausbreiten können.

    Dazu ziehen wir kurz das Konzept der Memtheorie von Richard Dawkins hinzu. Nach dieser verhält sich ein Mem in gewisser Weiße analog zu einem Krankheitserreger.

    Er verbreitet sich, mutiert und die Version, welche sich am besten verbreiten kann, wird die dominante Variante, jedoch ist hier nicht der Körper das Medium, sondern der Verstand.

    Und Moral ist genau das - ein Mem, somit eine Idee. Wenn eine Moral also nun z.B. beinhält, dass es unmoralisch ist, dass Menschen Kinder bekommen (z.B. weil in einem buddhistischen Sinne das Leben primär aus Leid besteht, oder weil es schlecht fürs Klima ist), wird sich diese nicht allzu weit Verbreiten können, da die aktiven Verbreiter dieser sich eben selbst "dezimieren".

    2. Nutzen: Wenn ein Moralsystem den Menschen, welche dieses befolgen, keinen Vorteil bietet bzw. sogar mehr Nachteile als Vorteile, so wird es schlicht über kurz über lang zu einem Aussterben dieser Moral kommen.

    Wobei es auf die Bedingungen im Umwelt ankommt, sowohl biologische, geologische, als auch auf die umgebenden Kulturen.

    Einerseits komm es intrakulturell zu einer Verdrängung, da sich Personen, welche die Moral schwächer bzw. gar nicht anwenden besser durchsetzen werden und somit schlicht die gegebene Moral verdrängen.

    Doch sollten Repressionen herrschen, welche diese unterbinden können, so wird es interkulturell zu einer Verdrängung kommen. Früher primär militärisch, heutzutage auch gerne mal ökonomisch. (Siehe Nordkorea, ihre Form der Moral, die natürlich eng mit der Kultur verbunden ist, sorgt für eine Isolation und somit für eine wie in Punkt 1. beschriebenen mangelnden Reproduzierbarkeit, was Langfristig zu einer Bedeutungslosigkeit führt).

    Dieser Punkt lässt sich mit folgenden Zitat aus "No Country for Old Men" zusammenfassen: "If the rule you followed brought you to this, of what use was the rule?".

    3. Relevanz für die Macht: Ein Moralsystem muss, damit sie wahrhaftig bedeutend sein kann, die Möglichkeit zur Legitimierung der Macht bieten - weshalb?

    Nehmen wir eine hypothetische Ethik, welche auf einem existenzialistischen Gedanken der menschlichen Freiheit beruht und bis zum Anarchismus geht. Also eine Anarchie-Moral.

    (Eine Handlung kann nur dann moralisch sein, wenn sie der absoluten Freiheit dient). Solch eine Ethik könnte einen Nutzen haben und könnte auch hochgradig Reproduzierbar sein, jedoch wird diese keine dauerhafte Wichtigkeit haben können. Denn sobald das Endziel (Abschaffung des Staates) erfüllt ist, wird die Moral zunehmend obsoleter, wie auch die tatsächliche Macht, bis das Machtvakuum gefüllt ist eine andere Moral wieder dominant wird. Dies wäre damit eine hochgradig oszillierende Moral und damit ist es nicht möglich diese dauerhaft bestehen zu lassen.

    Daraus lässt sich induzieren, dass eine Moral mindestens ein neutrales Verhältnis zur Macht haben muss, jedoch eher mit dieser einhergehen muss. Denn wenn die Macht in einem System ein Moralsystem verstärkt, so wird einerseits das System, in welchem die Macht sich befindet, stabiler, da Gegner der Moral oder Macht sich nur mit beidem gleichzeitig anlegen könnte, was es mangels einer besseren Beschreibung zu einem zähen Biest macht.


    Ein Beispiel für langlebiges System, welches diese drei Kriterien erfüllte wäre die römische Republik bzw. das römische Reich.

    Reproduzierbarkeit war gegeben, da sie sowohl innerhalb des Systems die Moral (welche man bei den Römern wohl als eine Art von Tugendethik bezeichnen könnte) die Reproduktion gegeben war, als auch nach Außen in Form von (militärischer) Expansion. Der Nutzen war ebenso gegeben. Tugenden wie Mut, oder Stolz nutzen einer Kriegernation ungemein.

    Und die Relevanz für die Macht ebenso, denn sowohl für die Religion (man denke an die römischen Götter), als auch für den Staat an sich ist eine Ethik des Stolzes und des Wettbewerbs von Nutzen.

    So lässt sich zum Teil der Fall des (westlichen-) römischen Reichs auf einen Zerfall dieser Werte zurückführen, wodurch die oben genannte Dreifaltigkeit in ein Ungleichgewicht geriet. (Man denke an Didius Julianus, der nur fucking Kaiser wurde, weil die Prätorianer den Kaiserthron versteigerten).

    Das war mein TedTalk, ich danke für die Aufmerksamkeit.


    PS: Anmerkungen; Kritik; Schwierigkeit beim Verständnis, weil ich wie ein Horst schreibe - immer her damit.

  • ethik big big gae

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