Vom Fleisch und dem Übermenschen

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    "Warum?"

    Diese Frage stellte der junge Knabe seinem Abteilungsleiter.


    "Warum was?" Entgegnete der erfahrene Mann.


    "Warum müssen wir das alles tun? Ich bin zur Fabrik gekommen, weil mir eine bessere Welt versprochen wurde. Ich wollte mich nicht mehr vor den Organisationen verstecken, die mich hassen für das, was ich bin. Aber ich will auch keine Menschen verletzen." Spezifizierte der Knabe fortfahrend.


    Während der Leiter, langsam grau werdend, sich hinsetzte und seinen Kopf in die Hände vergrub überlegte er sich eine ehrliche, jedoch möglichst schonende Antwort:

    "Würdest du ein Schwein für das höhere Wohl opfern? Gehen wir mal davon aus, dass eine schlimme Krankheit wüten würde. Eine neue Pest. Vielleicht sogar anormal. Und du hättest die Möglichkeit die Krankheit zu heilen. Ein paar Schweine bräuchte man für Tests. Vielleicht zehn, vielleicht zehntausend. Doch es wäre prinzipiell möglich. Die Schweine würden leiden - sicher. Doch nur du wärst genau in diesem Moment dazu in der Lage. Würdest du es tun?"


    Forsch antwortete der Jüngling: "Natürlich. Wir reden aber nicht von Schweinen. Wir reden von Menschen."


    Der Vorgesetzte schaute enttäuscht rein: "Hat das Schwein denn weniger den Willen zu Leben, als der Mensch? Ist dem Schweine sein Leben weniger wert? Nein. Also warum sollte ich das Leben des Menschen höher werten als des Lebens des Schweines? Und selbst wenn wir sagen würden...


    Bevor jedoch der Mann seine Ausführung beenden konnte, unterbrach der Knabe den Leiter: "Schweine sind allerdings zu keinem Bewusstsein wie der Mensch fähig."


    Nun war der ältere Herr nicht nur enttäuscht, sondern auch genervt: "Wagen Sie es nicht mich erneut zu unterbrechen. Nun zu Ihrem Punkt, wie wäre es dann, wenn wir keinen gesunden Menschen verwenden würden, sondern zum Beispiel geistig Schwerbehinderte, oder Komapatienten. Wäre es dann für sie in Ordnung? Nein? Ist die Bewusstseinsfähigkeit also nur ein vorgeschobener Grund? Sie haben bereits ihren Entschluss gefasst, dass es schlecht sei Menschen zu verwenden, bevor sie dafür Argumente haben. Das ziemliche Gegenteil von Rationalität, nicht wahr? Nun, ich will ehrlich sein, ich verachte ihre Position nicht per se, sondern nur wegen der Art, wie sie diese hervorgebracht haben. Begründen Sie ihre Abneigung einfach mit ihrem Willen. Denn egal welche moralische oder ethische Entscheidung sie treffen, ultimativ ist sie immer nur mit dem eigenen Willen zu begründen und Argumente dienen nur als Schutzwall für diesen Willen.

    Also, Sie können Ihren Willen gerne versuchen auszuleben. Nur werden in unserer Welt keine Argumente als ultimativer Schutz ausreichen - bauen Sie schneller bessere Panzer als die mit anderen Willen und setzten Sie sich durch. Und wenn Sie dafür nicht bereit sind halten Sie gefälligst Ihren Mund und arbeiten weiter."


    Der Jüngling war desorientiert. Er hatte die Hälfte des gesagten kaum verarbeitet, als ihm ein Schraubenschlüssel und eine Nadel mit fein eingravierten Runen in die Hand gedrückt wurde.


    "Hopp, weiter machen."


    Bevor er jedoch reagieren konnte, übermannte ihn eine Mischung aus Neugier, Trotz und Furcht: "Wofür tun wir es, wofür Menschen verletzen?"


    "Sie lassen echt nicht locker, wie?" entgegnete sein Vorgesetzter, dieses mal jedoch in einem pflichtbewussten Tonfall, so seufzte er aus und setzte seine Ansprache fort:

    "Um unseren Willen zu bekommen. Jeder hier, selbst Sie haben den Willen zur Macht. Den Willen zum absoluten. Ich will, das was ich will.

    Ich will, dass mir jeder vertraut.

    Ich will, dass man mir alles glaubt.

    Ich will jeden Atemzug kontrollieren.

    Ich will der Herr über alles sein, von dem ich weiß.

    Ich will, dass alles, von dem ich nicht weiß, nicht mehr ist.

    Ich will... Ich will Gott an seinen Füßen runterziehen, ihm für seine Nicht-Existenz danken und sein Leib zu Staub zerfallen lassen.

    Schlicht: Ich will der hellste aller Sterne sein.

    Ich will der höchste aller Menschen sein, auf dass der Nächste kommt und mich überflügelt.

    Ich will alle andere von der höchsten Spitze in den Abgrund stoßen, auf dass sie noch an der unendlichen Grausamkeit erwachsen.

    Ich will mehr halten, als ich verspreche, denn ich will untergehen.

    Ich will mehr geben, als ich habe, damit ich über allen stehe.


    Oder in anderen Worten: Ich bin das Zentrum meiner selbst - weder schert sich die Welt um mich, noch schere ich mich um die Welt. Was ich für gut befinde ist auch gut, was ich für schlecht befinde ist schlecht. Mit welcher Autorität spreche ich nun? Mit der absoluten Autorität. Meinem Willen - und nur der zählt.

    Der Mensch, der versucht mich zu stürzen, dem will ich ein großes Grab bauen. Und wer es schafft, dem werde ich gratulieren, verteufeln und respektieren.


    Also, genug Antworten? Wir opfern Menschen, damit wir den Menschen überwinden können. Endgültig.

    Wenn Ihnen die Antworten nicht zusagen, dann gehen Sie. Doch dann sollten Sie sich jedoch verdammt sicher sein, dass Sie schneller und besser Panzer bauen können als wir wenn es darauf ankommt."


    Der Knabe, zwiegespalten zwischen Nihilismus und Absurdität brachte keinen Ton raus. Er stand nur da und ihm ging nur eine Frage durch den Kopf, welche er nach all den Antworten nicht wagen würde zu stellen: Was ist die Factory?

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